Konflikte in Familienunternehmen

Konflikte in Familienunternehmen

Müssen Konflikte in Familienunternehmen zwangsläufig in Katastrophen enden?

Die Menschheitsgeschichte prägten schon von jeher gewisse „Klassiker“ von Konflikten. Ob nach den Aufzeichnungen in der griechischen Mythologie oder in der Bibel, es waren stets Konflikte zwischen Vätern und Söhnen, zwischen Geschwistern, zwischen Gefühl und Verstand, zwischen Treue und Verrat oder zwischen Loyalität und Egoismus. Sie kamen, folgt man der Literatur, in den besten Familien vor.

Konflikte in Familienunternehmen führen zur Beschädigung des gemeinsamen Interesses. Diese Konflikte werden zum Einfallstor für individual Interessen und fördern somit die Entfremdung. Die Neigung von Unternehmerfamilien, Konflikte zu übersehen oder im schlimmsten Fall zu tabuisieren, birgt die Gefahr der Blindheit gegenüber den entstehenden Risiken. Wenn Familien versagen, dann versagen sie in diesem Punkt.

 Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.

Leo Tolstoi in seinem Buch Anna Katherina

NEG – Virus

Daraus lässt sich ableiten, dass emotionale Verletzungen aus der Vergangenheit, welche nicht ausreichend aufgelöst wurden, zu unglücklichen Familien führen. Ein Faktor kann ausreichen, um das Zusammenleben in Zukunft zu belasten. Es entsteht unter anderem der NEG-Virus, welcher in den Anfangsbuchstaben für Neid, Eifersucht und Gier sowie ungelöste Probleme und offene Rechnungen steht.

Liebe, Treue, Bindung und Loyalität gelten in Familien als Währung, es besteht zwar kein Verlangen nach monetärer Kompensation, ein Auf-, bzw. Abrechnen ist jedoch zu erwarten. Dieses Verlangen ist dem eigenen Gerechtigkeitsverständnis geschuldet. Innere Konten, gefüllt mit erbrachten Leistungen, harren in der Bilanzierung auf Ausgleich. Wird dem Drang zum Ausgleich der inneren Konten über einen längeren Zeitraum nicht stattgegeben, so kommt es zu hoch emotionalen und oft destruktiven Formen des Ausgleichs.

Konflikte um NICHTS

Ein Familienmitglied „explodiert“ und keiner weiß warum. Meistens heißt es dann: „Heute spinnt er oder sie wieder!“, der Konflikt wird bagatellisiert und mit dieser Bagatellisierung auch gleich das Familienmitglied dazu. Für die nächsten folgenden Konflikte ist dieses Verhalten keinesfalls dienlich. Aber der Reihe nach, was ist passiert?

Durch die nicht ausreichend verständliche Kommunikation der eigenen Situation, können Ihre Familienmitglieder nur erahnen was Ihnen missfällt und ich kann Sie beruhigen, meistens erahnen Ihre Familienmitglieder nicht was Ihnen missfällt. Jetzt schwellt ein Konflikt in Ihnen mit Ihrer Familie, nur weiß Ihre Familie nichts davon. Zu diesem Konflikt kommt der nächste und der nächste und so weiter und so fort. Bis es Ihnen reicht und nun hauen Sie mal auf den Tisch! Immerhin ist es ja Ihr Recht, nach so vielen Gemeinheiten. Nur hat leider von diesen vielen Gemeinheiten keiner außer Ihnen etwas mitbekommen, sie treffen auf vollkommenes Unverständnis. Wo wir wieder beim Ausgangspunkt wären: „Heute spinnt er wieder!“ (gerne auch durch ein sie ersetzbar).

Aussitzen als Lösung?

Ein weiser Lehrer deutete auf die Wand hinter sich und fragte seinen Schüler: „Was siehst du?“ Dieser betrachtete die Wand und antwortete schließlich „Einen schwarzen Punkt.“ Der Lehrer gab zur Antwort „Den kleinen Makel, den winzigen schwarzen Punkt, den siehst du. Ihm schenkst du deine Aufmerksamkeit, deine Zeit und Energie. Die große weiße Wand jedoch, die siehst du nicht.“

Diese verengte Wahrnehmung führt in Familienunternehmen oftmals zu Katastrophen, denn oft erscheint das Handeln der einzelnen Akteure für Außenstehende nicht nachvollziehbar und kaum begreiflich. Die handelnden Familienangehörigen neigen in ihrer Betriebsblindheit dazu, den Konflikt zu personalisieren und nicht auf die wahren Ursachen zu richten. Diese Personalisierung verdeckt die Sachthemen und somit verschwindet auch die Grundlage der rationalen Verständigung. Daher neigen Familienunternehmen zum „kalten Krieg“ des Aussitzens von Konflikten.

Ein Ausbrechen des Konfliktes zu einem heißen Krieg wird um jeden Preis vermieden. Doch das Aussitzen von Problemen führt zu nichts und ist, für jedes Unternehmen, hochgradig gefährlich.

Fazit

Sprechen Sie Ihre Probleme und Gefühle oder auch Ängste an. Sorgen Sie im Vorfeld für eine gute Besprechungskultur. Sollte jedoch der Konflikt schon zu weit fortgeschritten sein, hohlen Sie sich professionelle Hilfe in der Moderation Ihres familiären Problems. Je früher Sie ein Problem ansprechen, desto eher besteht die Chance keinen Konflikt daraus werden zu lassen.

Mehr Information in der Literatur zu Konflikte in Familienunternehmen

  • Baus, K. (2016). Die Familienstrategie. Wie Familien ihr Unternehmen über Generationen sichern. 5. überarb.erw.Aufl. Wiesbaden: Springer Gabler
  • von Bassewitz, U. (2017). Erfolgreiche Unternehmensnachfolge. Den Übergang persönlich und unternehmerisch meistern. . Wiesbaden: Springer Gabler
  • Großmann, S. (2014). Konflikte und Krisen in Familienunternehmen. Eine Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Konflikten in Familie und Unternehmen und dem Untergang von Familienunternehmen. (Bd. 14. Wittener Schriften zu Familienunternehmen). Göttingen: V&R unipress.

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Über den Autor

Christoph Standfest administrator

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